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Doktor Lenas Blog

Entschuldigung als Machtmittel

Emotionale Kompetenz & TA Posted on Mon, November 30, 2020 13:18:53

…vs. 

Entschuldigung als Entschuldigung

Nach vielen gescheiterten Bemühungen, in ihrer beruflichen Beziehung für die Gerechtigkeit zu sorgen, hat die Patientin „das Handtuch geworfen“. Die Person, deretwegen sie aus der Firma ausgeschieden war, bat sie anschließend im Entschuldigung — ohne aber ihren Austritt in Frage zu stellen. Sie fühlte sich trotz der Entschuldigung ungerecht behandelt und unwohl.

Eine Bitte um Entschuldigung kann als eine Art Machmittel verwendet werden — in einem raffinierten Machtspiel. Jeder weiß, was für ein gutes Gefühl die Bitte um Entschuldigung in uns erwecken kann: man fühlt sich angesprochen und wertgeschätzt. Doch die Situation wird in einem Machtspiel durch die Bitte um Entschuldigung nicht geändert — das, wofür um Entschuldigung gebeten wurde, wird nicht aufgelöst. Die Bitte um Entschuldigung fungiert hier als eine Art „Raumduft“ oder wie eine Anästhesie, die allein das aktuelle Gefühl verbessert und den Fokus von dem Geschehenen wegführt. Besonderes gut fühlt man sich, wenn eine hochrangige Person um Entschuldigung bittet, von der die betroffene Person in irgendeiner Weise abhängig ist. 

Um eine authentische Entschuldigung von einem raffinierten Machtspiel zu unterscheiden, sollte man zwei Aspekte berücksichtigen. 

Der erste Aspekt: Erkennen der wahren Absicht. Es gibt einen klaren Unterschied zwischen der Absicht, dem Betroffenen etwas Gutes zu tun, und der Absicht, sich selbst abzusichern und für eigene Vorteile sorgen. Die beiden Absichten können sich durchaus ergänzen – wenn die Hauptabsicht gutmütig ist. Entscheidend ist aber, ob jemand vor allem einen Ablassbrief kaufen oder ob er – wie auch immer – die Lage des Betroffenen tatsächlich verbessert will. 

Der zweite Aspekt: Der langfristige Effekt der Entschuldigung. Werden die Ursache des Schadens und die Schaden selbst beseitig? Wird der Schaden angemessen und ausreichend entschädigt? Wenn beide Antworten „nein” lauten, dann handelt es sich nicht um eine Bitte um Entschuldigung, sondern um einen Versuch des Bittenden, sich abzusichern.  

Eine ehrliche Bitte um Entschuldigung ist enorm machtvoll. Machtvoll im besten Sinne des Wortes: Sie kann bewegen und heilen — in Hinblick auf ein individuelles Wohlergehen. Gerade da sie so machtvoll ist, kann sie ausgenutzt werden — um für sich Vorteile zu generieren. Das Wort Macht ist eben nicht ohne Grund vor allem negativ konnotiert.

Um die wahre Absicht des Bittenden zu erkennen und um nicht auf ein raffiniertes Machtspiel reinzufallen, hilft ein wirksames Konzept: das Funktionsmodell der Ich-Zustände nach Eric Berne. Das Kritische Eltern-Ich ist immer im Hintergrund jeder abwertenden und daher entmachtenden Handlung; das Fürsorgliche Eltern-Ich sorgt dafür, dass eine Kommunikation abwertungs- und missbrauchsfrei abläuft. „Ich bin OK und Du bist OK“ bedeutet, „wir sind gleichwertig“. Ein Mensch, der seinen subjektiv wahrgenommenen Wert nicht aus der Abwertung der Anderen schöpft, wird nicht zu einem Machtmittel greifen. 



Machtmissbrauch: Formen und Intensität

Emotionale Kompetenz & TA Posted on Wed, September 04, 2019 01:09:33

Ein manipulatives Verhalten kann unterschiedliche Formen annehmen. Man kann einer Manipulation um so besser entgegen treten, je früher man sie bemerkt. Das betrifft insbesondere subtile Manipulationen.

Machtmissbrauch ist eine Handlung, die ein (nicht immer bewusstes) abwertendes, verletzendes Element beinhaltet und das Ziel hat, das Verhalten des Anderen zu seinem Nachteil zu beeinflussen. Psychische Gewalt, Machtspiele, Mobbing, Bullying und Schikane sind Namen des Missbrauchs unterschiedlicher Art.

Je „versteckter“ eine Manipulation ist, desto effektiver kann sie sein. Unter “Effekt” wird eine Beeinflussung der Emotionen und des Verhaltens des Objektes verstanden. Häufig auftretende Effekte sind eine subjektiv wahrgenommene Abwertung, die sich als Verletzung anfühlt.

Das Gegenteil eines Machtmissbrauchs ist eine gesunde Machtanwendung, z.B. jede Art kooperativen Verhaltens auf der Ebene „Ich bin OK – Du bist OK“ – wovon jeder Beteiligte profitiert.

Claude Steiner hat mit seinen Büchern einen wichtigen Beitrag zum Thema Machtspiele (power plays) vorgelegt. Aus seinem Buch “The heart of The matter: Love, Information and Transactional Analysis” habe ich den Machtspiele-Quadrant ins Deutsch übersetzt. Zweck ist, einen guten Überblick über die Machtspiele zu bekommen.

Den Quadranten habe ich um einige Ausprägungen – folgend Steiners “Emotionaler Kompetenz” – ergänzt, zum Beispiel mit “Gaslighting” und “Cloutlighting”. (Unter Gaslighting – oder Ambient Abuse – wird eine Form von psychischer Gewalt bzw. Machtmissbrauch verstanden, mit der das Objekt gezielt manipuliert, desorientiert und verunsichert wird. Der Realitätssinn und das Selbstbewusstsein der betroffenen Person werden allmählich in Frage gestellt und so zerstört. Cloutlighting ist eine Misch-Wortschöpfung, eine Kombination von Clout – engl. Einfluss oder Macht, insbesondere in Politik oder Wirtschaft – und der Endung von der Wertschöpfung Gaslighting. Unter dem Begriff wird eine Aktion verstanden, in der das Objekt zu einer emotionalen Reaktion provoziert wird, die aufzeichnet und danach in sozialen Netzwerken veröffentlicht wird. Die Öffentlichkeit verstärkt den gewünschten Effekt.)



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