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Entschuldigung als Entschuldigung
Nach vielen gescheiterten Bemühungen, in ihrer beruflichen Beziehung für die Gerechtigkeit zu sorgen, hat die Patientin „das Handtuch geworfen“. Die Person, deretwegen sie aus der Firma ausgeschieden war, bat sie anschließend im Entschuldigung — ohne aber ihren Austritt in Frage zu stellen. Sie fühlte sich trotz der Entschuldigung ungerecht behandelt und unwohl.
Eine Bitte um Entschuldigung kann als eine Art Machmittel verwendet werden — in einem raffinierten Machtspiel. Jeder weiß, was für ein gutes Gefühl die Bitte um Entschuldigung in uns erwecken kann: man fühlt sich angesprochen und wertgeschätzt. Doch die Situation wird in einem Machtspiel durch die Bitte um Entschuldigung nicht geändert — das, wofür um Entschuldigung gebeten wurde, wird nicht aufgelöst. Die Bitte um Entschuldigung fungiert hier als eine Art „Raumduft“ oder wie eine Anästhesie, die allein das aktuelle Gefühl verbessert und den Fokus von dem Geschehenen wegführt. Besonderes gut fühlt man sich, wenn eine hochrangige Person um Entschuldigung bittet, von der die betroffene Person in irgendeiner Weise abhängig ist.
Um eine authentische Entschuldigung von einem raffinierten Machtspiel zu unterscheiden, sollte man zwei Aspekte berücksichtigen.
Der erste Aspekt: Erkennen der wahren Absicht. Es gibt einen klaren Unterschied zwischen der Absicht, dem Betroffenen etwas Gutes zu tun, und der Absicht, sich selbst abzusichern und für eigene Vorteile sorgen. Die beiden Absichten können sich durchaus ergänzen – wenn die Hauptabsicht gutmütig ist. Entscheidend ist aber, ob jemand vor allem einen Ablassbrief kaufen oder ob er – wie auch immer – die Lage des Betroffenen tatsächlich verbessert will.
Der zweite Aspekt: Der langfristige Effekt der Entschuldigung. Werden die Ursache des Schadens und die Schaden selbst beseitig? Wird der Schaden angemessen und ausreichend entschädigt? Wenn beide Antworten „nein” lauten, dann handelt es sich nicht um eine Bitte um Entschuldigung, sondern um einen Versuch des Bittenden, sich abzusichern.
Eine ehrliche Bitte um Entschuldigung ist enorm machtvoll. Machtvoll im besten Sinne des Wortes: Sie kann bewegen und heilen — in Hinblick auf ein individuelles Wohlergehen. Gerade da sie so machtvoll ist, kann sie ausgenutzt werden — um für sich Vorteile zu generieren. Das Wort Macht ist eben nicht ohne Grund vor allem negativ konnotiert.
Um die wahre Absicht des Bittenden zu erkennen und um nicht auf ein raffiniertes Machtspiel reinzufallen, hilft ein wirksames Konzept: das Funktionsmodell der Ich-Zustände nach Eric Berne. Das Kritische Eltern-Ich ist immer im Hintergrund jeder abwertenden und daher entmachtenden Handlung; das Fürsorgliche Eltern-Ich sorgt dafür, dass eine Kommunikation abwertungs- und missbrauchsfrei abläuft. „Ich bin OK und Du bist OK“ bedeutet, „wir sind gleichwertig“. Ein Mensch, der seinen subjektiv wahrgenommenen Wert nicht aus der Abwertung der Anderen schöpft, wird nicht zu einem Machtmittel greifen.